(Quelle: Buch : "Denkmale in Brandenburg" Landkreis OPR Band 13.1)
Die Forstkolonie liegt ca. 16 km nordwestlich vom Neuruppiner Stadtkern und war bis 1969 Sitz einer Oberförsterei mit zugehörigen Revierförstereien in Basdorf, Braunsberg, Gühlen-Glienicke, Rheinsberg-Glienicke, Steinberge und Wallitz. Seit 1993 gehört Neuglienicke zu Neuruppin.
Die Forstsiedlung nahm mit dem 1799 errichteten Forsthaus Greisert ihren Anfang. Zur Försterei gehörten anfangs 1000 Morgen Kienheide. 1815 erfolgte ein Ausbau des Standortes. Die kleine Kolonie aus wenigen Wohn-und Nebengebäuden bei Gühlen-Glienicke verselbständigte sich 1825 als Neuglienicke. Nachdem der Forstfiskus 1843 das Gut Glienicke aufgekauft und die wüste Feldmark Rangensleben übernommen hatte, wurde Neuglienicke zum Standort einer Oberförsterei mit den Schutzbezirken Glienicke, Rägelin und Wallitz. Durch Kauf kamen noch der Basdorfer Brand und 1844 das Gut Frankendorf mit 405 Morgen Gutsforst hinzu. Der Oberförsterei mit einem Wohnhaus und zwei Wirtschaftsgebäuden waren noch eine Kiensamendarre mit Wohnung und ein Förstereigehöft unterstellt. 26.698 Morgen Gesamtfläche wurden seit 1845 verwaltet. Um 1900 lebten in der Forstsiedlung zwei Mühlenbesitzer, ein Oberförster, fünf Förster und ein Gastwirt.
Die ersten, um 1800 in Lehmfachwerk errichteten Gebäude haben sich nicht überliefert. Heute wird die Straße in lockerer Folge von Hofstellen begleitet, die ihr Erscheinungsbild aus dem 19, und ersten Drittel des 20. Jh. bewahrt haben. Die in seltener Vollständigkeit erhaltenen Gebäude sind Ausdruck eines typischen Heimatstils, der insbesondere bei öffentlichen Bauten Anwendung fand und veranschaulichen die Organisation des preußischen Forstwesens. Die unterschiedliche Größe der Förstereigehöfte, z.B. der Oberförsterei Nr. 3, der Revierförstereien Nr. 4 und Nr. 10 oder des Forstsekretärsgehöfts Nr. 5, entspricht der sozialen Hierarchie der Bewohner. Bei den Wirtschaftsgebäuden handelt es sich sowohl um ältere Feldstein-, Lehm- und Ziegelfachwerkbauten als auch um jüngere Ziegel- und Holzgebäude. Den Gehöften der Forstbeamten und -angestellten wurden Anlagen von Arbeitern und Büdnern zugeordnet, so die Hilfsförsterei Nr. 6 (ursprünglich Schäferei, Lehmfachwerkbau von 1825, 1908 massiv unterfangen, ausgebaut zu Waldarbeiterwohnhaus), das Kutschergehöft Nr. 2 von 1911 (Hofgebäude 1937) und die Kiefernsamendarre mit Wohnung Nr. 1, ein ehemaliger Fachwerkbau von 1859 (Sackwinde im Boden erhalten). Letzteres Gebäude wurde in den 1930er Jahren zu einem Waldarbeiterwohnhaus umgestaltet und 1940 zur Unterbringung von Ostarbeitern verwendet. Die nachkriegszeitliche Nutzung als Wohnhaus war mit einer Erneuerung der Bausubstanz verbunden. Die Forstflächen im Raum Neuglienicke gehörten seit 1953 dem Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb Neuruppin und wurden 1991 der Landesforstverwaltung unterstellt (Amt für Forstwirtschaft Alt Ruppin). Im Ort bestand ab 1961 ein Geflügelzuchtbetrieb.
Quellen: Forstarchiv; Kreisarchiv.
Literatur Enders 1970, S. 74f.; Ruppiner Land 1981, S. 31f.; 40f,
Neuglienicke 2
Kutschergehöft. Erbaut 1911 nach Entwurf des Königlichen Baurats Steinbrecher aus Neuruppin. Teil der Oberförsterei. Wohnhaus eingeschossiger, giebelständiger, verputzter Ziegelbau auf Feldsteinfundament. Verbretterte Giebeldreiecke und steiles Satteldach mit Biberkronendeckung. Sprossenfenster in Putzrahmungen, teilweise mit grünen Klappläden. Eingang hofseitig. Originaler Grundriß mit kurzem Seitenflur und Küche (unterkellert) sowie giebelseitiger Stube und Kammer bewahrt. Ausstattungsdetails erhalten (Dielung, Fenster, Türen). 1930 Giebelstube ausgebaut.
Auf dem Hof traufständiges Wirtschaftsgebäude von 1937. Ziegelbau mit Drempel. Die Giebeldreiecke ausgemauertes, verbrettertes Fachwerk. Innen Wasch- und Futterküche sowie Ställe.
Der in seiner kleinteiligen Struktur mit Tagelöhneranlagen vergleichbare Kutscherhof ist bedeutend als selten erhaltenes Zeugnis für die Wohnstätten dieser Bedienstetenschicht.
Quellen: Forstarchiv; Kreisarchiv.
Neuglienicke 3
Oberförsterei-Gehöft. Wohnhaus errichtet 1891/92 als Oberförsterei nach Entwürfen des Königlichen Kreisbauinspektors H. Wichgraf. Bis 1969 Oberförsterei, seitdem Nutzung als Wohnhaus.
Traufständiger Sichtziegelbau mit hohem Souterraingeschoß, kräftigem Sockelgesims und steilem, überstehendem Satteldach (ehemals Liegersdorfer Falzziegeldeckung). Schlichte siebenachsige Fassade mit segmentbogigen Fenstern. Mittel- und Seiteneingang. Im Giebel hölzernes Freigespärre. Gartenseitig Holzveranda mit gesägten Ornamenten (stilisierte Rehköpfe). Fenster und Haustüren original (zweiflügelige Rahmenfüllungstür, teilweise verglast). Grundriß weitgehend erhalten. Im Erdgeschoß sechs Stuben und ein Arbeitszimmer, im Dachgeschoß vier Giebelstuben mit Kammern sowie Räucherkammer. 1895 Kellerausbau zu Büro- und Wirtschaftsräumen (1910 Fußbodenfliesung). Der teilweise kopfsteingepflasterte Hof von Laubbäumen bestanden.
An der Straße Stallscheune von 1858. Traufständiger Ziegelfachwerkbau (z.T. massiv unterfangen) auf Feldsteinfundament, überstehendes Satteldach mit Biberkronendeckung. Mittiger Aufschluß (hofseitige Toreinfahrt zugemauert). Stallung aus dem 19. Jh. in den 1920er Jahren zur Wohnunterkunft für Saisonarbeiter umgebaut (Fenstereinbauten).
Das Oberförsterei-Gehöft bildet den repräsentativen Mittelpunkt im Ensemble der Förstereisiedlung Neuglienicke. Das Dienst- und Wohngebäude im Heimatstil ist nahezu ursprünglich überliefert und vermittelt in der differenzierten Innenstruktur eine Vorstellung von der Lebensweise einer höheren Forstbeamtenschicht.
Quellen: Forstarchiv; Kreisarchiv.
Neuglienicke 4
Försterei-Gehöft (Neuglienicke Ost). Wohnhaus errichtet in den 1890er Jahren für den Forstmeister (Revierförsterei). Sichtziegelbau mit Feldsteinsockel und überstehendem, steilem Satteldach. Straßenseitig fünf Fenster (profilierte Pfosten) mit Klappläden. Rückseitig Haupteingang, kassettierte Tür mit Oberlicht. Originalgrundriß bewahrt: im Erdgeschoß Dienstzimmer, Schlaf- und Wohnstube, Gesindekammer, Küche, Bad; im Dachgeschoß Stube, zwei Kammern, Räucherkammer und Schüttboden. Voll unterkellert mit Gesinderäumen und Waschküche.
Das Eckgrundstück mit Vorgarten und schmiedeeiserner Einfriedung sowie begrüntem Hofbereich. Wirtschaftsland 4-5 ha. Hölzerne offene Gartenlaube (um 1900).
Kleiner Stall (um 1900), Sichtziegel- und teilweise Fachwerkbau mit steilem, überstehendem Satteldach und Metallsprossenfenstern (Schweine-, Pferde-und Kuhstall mit Futterkammer und Raufen, Querwände aus Fachwerk). Scheune (um 1910/20), giebelständiger, verbretterter Fachwerkbau mit steilem, überstehendem Satteldach und mittlerem Holztor.
Gut erhaltenes Beispiel einer Revierförsterei der Jahrhundertwende im Heimatstil, die mit ihrer Größe und Ausstattung unter den Neuglienicker Forstgehöften eine mittlere Stellung einnimmt. Sie ist städtebauliches Pendant zum gleichartig gestalteten Försterei-Gehöft West.
Neuglienicke 10
Försterei-Gehöft (Neuglienicke West). Wohnhaus erbaut 1897/98. Der Sichtziegelbau gleicht dem gegenüberstehenden Forsthaus Ost. Dachstuhl nach Brand erneuert. Im Keller Räucherkammer, Backofen zugemauert. Auf dem Hof Scheune (1858), Ziegelfachwerkbau auf Feldsteinfundament mit Milch- und Kartoffelkeller (1894 Zwischenwand); 1902 Erneuerung u.a. der Dachkonstruktion. Rechts Stallanbau (1886), Feldsteinbau mit überstehendem Satteldach. Dahinter Kuh- und Pferdestall mit Drempel (1873),
Feldstein- und Ziegelbau mit steilem Satteldach (Futter- und Knechtskammer).
Der Forstgehöft mit seinen Wirtschaftsgebäuden veranschaulicht die Bedeutung der Landwirtschaft für den Lebensunterhalt der Forstmeisterfamilie.
Quellen: Forstarchiv; Kreisarchiv.
Neuglienicke 12
Bürohaus der Oberförsterei. 1934. Traufständiger Sichtziegelbau auf Feldsteinfundament mit hohem Walmdach. Symmetrische Gliederung mit Mitteleingang und Freitreppe, aufgedoppelte Holztür mit Fischgrätenmuster. Innenstruktur mit ehemaligen Diensträumen umfunktioniert zur Wohnung mit Küche. Teilweise unterkellert.
Das in den 1930er Jahren geschaffene Bürohaus verweist auf die zunehmende Verwaltungstätigkeit der Oberförsterei im Forstbezirk Neuglienicke.
Quellen: Forstarchiv; Kreisarchiv.